Gerade in unserer heutigen Zeit, in der immer mehr Menschen notgedrungen von Zuhause aus arbeiten, und somit ihren Arbeitsplatz und ihr privates Umfeld unfreiwillig vereinen, spielt die Eigeninitiative eine große Rolle.
Wir alle kennen das Gefühl, uns nicht Aufraffen zu können und auch das Hinterfragen, wofür man die Sachen eigentlich macht, dürfte vielen geläufig sein.
Unabhängig vom Homeoffice und den pandemiebedingten Umständen, ist die Motivation ein immer wiederkehrendes Element an vielen Arbeitsplätzen der Welt. Durch meinen Freiwilligendienst in Ghana durfte ich im Jahre 2018/2019 meine eigenen Erfahrungen an einem Arbeitsort machen, bei dem die Motivation der Mitarbeiter*innen maßgeblichen Einfluss auf die Kinder und Jugendlichen des Projekts hat. Meine Erfahrungen aus dieser Zeit haben mich dazu gebracht, mich bewusst mit dem Begriff des Erfolgs auseinanderzusetzen und dieses scheinbar so erstrebenswerte Wort für mich persönlich einzuordnen.
Nach ein paar Wochen des Ankommens in Ghana wurde mir schnell bewusst, wie umfangreich so ein Alltag im Rays of Hope Centre ist und wie schnell ich mit meinen Kompetenzen am Ende war. Eine Situation, die mir hierbei sofort in den Sinn kommt, ereignete sich während des Englischunterrichts in der Vorschule, in dem einer der Jungs dabei war das Alphabet zu lernen. Wir verbrachten einen ganzen Vormittag damit, dass er die Buchstaben A, B und C verinnerlichte und mussten uns schließlich gegenseitig eingestehen, dass unsere Arbeit an diesem Vormittag keine sofortigen Früchte tragen würde.
Anhand zahlreicher Beispiele konnte ich mit der Zeit feststellen, welch wichtige Stellung Erfolge in der Arbeit unserer Mitarbeiter*innen des Projektes haben. Auch wenn diese Erfolge mal augenscheinlich, und manchmal auch nur unterschwellig zu erkennen waren, schien es mir häufig so, als gäben diese Erfolgserlebnisse den Mitarbeitenden die Kraft, die es braucht, um den anspruchsvollen Alltag zu bestreiten.
Dabei durfte ich lernen, dass sowohl die außergewöhnlichen Erfolgsgeschichten als auch die kleinen Entwicklungen im Alltag ihren Teil beitragen und von großer Bedeutung sind.
Auf der einen Seite dienen ehemalige Schützlinge des Projektes als Paradebeispiele, da sie mit der Unterstützung des Projektes ihren Schulabschluss absolviert haben. Ein Teil von ihnen hat sich darüber hinaus dazu entschieden, einem Studium nachzugehen. Das wohl eindrucksvollste Beispiel hierfür ist unser ehemaliger Schützling Justice, der nach seinem Schulabschluss in Ghana ein Studium der Medizin in China aufnahm und sein Praktisches Jahr in einer Klinik in Paderborn absolvierte.
Auf der anderen Seite hält aber auch der gängige Alltag im Projekt Erfolgsgeschichten bereit, beispielsweise wenn ein Kind im Projekt nach dem dritten oder vierten Anlauf die ersten drei Buchstaben des Alphabets begriffen hat und nun in der Lage ist, diese selbstständig anzuwenden.
Beide Arten von Erfolgserlebnissen sind von großer Bedeutung für den Erhalt der Motivation im Projekt, wobei es falsch wäre, die Erfolgssgeschichten ihrer Besonderheit nach abstufend einzuordnen. Neben diesen zwei Arten des Erfolgs gibt es auch noch viele weitere Anhaltspunkte, um eine positive Entwicklung zu erkennen. Gerade für mich als ehemaligen Freiwilligen ist es daher immer besonders spannend, wenn mich neue Fotos aus dem Projekt erreichen und jüngste Entwicklungen sichtbar werden. Ein Beispiel hierfür ist der Baufortschritt in unserem WEM-Centre, wo derzeit neue Schlafsäle, ein Besucher*innenhaus und Werkstätten entstehen. Für mich waren diese Bilder ein klares Zeichen von Erfolg, da zu meiner Zeit als Freiwilliger die zukünftigen Baupläne nur grobe Ideen waren und jetzt in Form von Rohbauten vor Ort stehen.
In all diesen Fällen ist eine Entwicklung festzustellen, wobei mal größere und mal kleinere Schritte gemacht werden. Für den Zusammenhalt innerhalb des Projektes sind aber alle Schritte entscheidend und jede Form des Fortschritts sollte wertgeschätzt werden.
Während meines Jahres in Ghana ist mir in Bezug auf sämtliche Erfolgserlebnisse einmal mehr die Bedeutung der Anerkennung bewusst geworden. Auch wenn wir in der Lage sind Erfolge als solche wertzuschätzen, so macht es doch einen erheblichen Unterschied, wenn die Errungenschaften von einer anderen Person ebenfalls erkannt und gelobt werden. Ein ehrliches Feedback in Kombination mit dem herbeigeführten Erfolg ist dann eine ideale Grundlage für alle weiteren Herausforderungen der Zukunft. Gerade bei der Arbeit im Projekt ist es von besonderer Bedeutung zu erkennen, dass man sich in einem ständigen Kreislauf befindet. Um es mit einem Gleichnis aus dem Sport auszudrücken: „Nach der Herausforderung ist vor der Herausforderung.“
Das Erkennen und Wertschätzen von Erfolgen spielt bei diesem Kreislauf eine besondere Rolle. Es ist auch außerhalb der Projektarbeit eine Erkenntnis, die mich in meinem derzeit ungeordneten Alltag als „Online-Studenten“ begleitet und aus der ich viel Kraft und Motivation schöpfen kann.
Ich würde mir wünschen, dass noch viele junge Erwachsene ähnlich wertvolle Erkenntnisse mit dem Freiwilligendienst unserer Aktion Lichtblicke Ghana e.V. sammeln können und freue mich jetzt schon auf den zukünftigen Erfahrungsaustausch.
(Sebastian, ehemaliger Freiwilliger 2018/19)